Adrian Pătruț – Professor, Fakultät für Chemie- und Chemieingenieurwesen, BBU

Frage Daniel David: Stellen Sie sich bitte kurz vor.

Ich bin Professor an der Fakultät für Chemie und Chemieingenieurwesen an der BBU, gegenwärtig Leiter des Forschungsprojekts “Untersuchung des Alters und der Architektur einiger monumentaler Angiospermen-Bäume durch Radiokarbon-Datierung, bzw. der klimatischen Untersuchung der Proben aus diesen Bäumen durch die Analyse stabiler Isotopen”. Das erwähnte Forschungsprojekt ist, natürlich, interdisziplinärer Natur, mit der Bemerkung dass die wichtigste Forschungsmethode die Datierung mit Radiokarbon durch Massenspektrometrie mit Beschleuniger (AMS) ist. Diese ist eine radiometrische Methode der Datierung, welche dem Bereich der Physik und der Nuklearchemie gehört. Ich bin seit fast 15 Jahren Inhaber der Vorlesung zur Nuklearchemie (auch Radiochemie genannt) welche ein spezielles Kapitel zur Radiokarbon-Datierung beinhaltet.

 Frage Daniel David: Beschreiben Sie bitte die akademische Leistung, die den Anlass dieses Interviews darstellt.

 Es handelt sich um den Artikel “The demise of the largest and oldest African baobabs (der Tod der größten und ältestan afrikanischen Baobabs)”, jüngst veröffentlichtin der Zeitschrift Nature Plants, dessen erster Verfasser und korrespondierender Autor ich bin. Diese Zeitschrift hat einen Impact-Faktor von 11.471, obwohl sie nur ab 2015 erscheint. Der Artikel präsentiert einige der wichtigeren Forschungsergebnisse des internationalen Teams das ich leite, zur Feststellung des Aufbaus, des Alters und des Wachstums der monumentalen afrikanischen Baobabs, mittels Radiokarbon-Datierung.

Faktisch haben wir alle oder fast alle monumentalen Baobabs in den tropischen Gegenden der Welt untersucht. Unsere wichtige Entdeckung zeigt dass beginnend mit dem Jahr 2005, 9 von den ältesten 13 Baobabs und 5 von den größten 6 afrikanischen Baobabs ausgestorben sind. Das ist eine überaus überraschende Tatsache ohne die Einwirkung einer Seuche, da ein Baobab älter als 2000 Jahre werden kann. Alle monumentalen Baobabs die verendet sind befinden sich in Länder des südlichen Afrika. Wir glauben dass ihr Aussterben mit den jüngsten klimatischen Änderungen in Verbindung gebracht werden kann, welche im südlichen Afrika durch die erhebliche Intensivierung der El Niño-Komponente des ENSO-Indizes eine stärkere Wirkung haben. Dieser Effekt hat auch eine bislang nicht vorhandene Assoziierung zweier starker Faktoren, nämlich der sehr hohen Temperaturen und der exzessiven Dürre bewirkt.

 

Das internationale Team welches diese Forschungen unternommen hat zählt zu seinen Mitgliedern auch andere Forscher/innen der BBU, wie Prof. Dr. László Rákosy und die Doktorandin Roxana Pătruţ, von der Fakultät für Biologie und Geologie, sowie auch aus Südafrika und anderen afrikanischen Ländern, bzw. aus den USA, da die Radiokarbon-Datierungen am ozeanografischen Institut in Woods Hole, MA. durchgeführt wurden. Hier muss auch erwähnt werden, dass die Forschungen gänzlich durch Nachfolgeförderungen des Ministeriums für Forschung und Innovation, durch die nationale Behörde CNCS-UEFISCDI gefördert wurden und sind. Auf der anderen Seite sind wir das einzige Forschungsteam der Welt welches seit einem Jahrzehnt diese Pionierforschungen unternimmt.

Der Artikel aus „Nature Plants“ hat sich einer besonderen Mediatisierung erfreut und hat eine hohe altmetrische Quote. Das Erscheinen des Artikels wurde von Sarah Hausman, der Pressereferentin der Nature-Publikationen am 4. Juni angekündigt, als der Artikel zur Verfügung der Presseagenturen gestellt wurde, unterlag aber einer Sperre bis zur öffentlichen Online-Publizierung am 11. Juni. Beginnend mit dem 5. Juni erhielt ich täglich Dutzende Anfragen von den Presseagenturen aus der ganzen Welt, die Interviews und Kommentare zum Artikel durch Telefon, Skype oder Mail verlangten. Diese Anfragen kamen auch heute, nach 50 Tagen nicht zu einem Ende, sie diversifizierten sich hingegen mit Bitten, beim Dreh von Dokumentarfilmen zum Thema des Artikels mitzuwirken.

Am 19. Juni hat mir dieselbe Sarah Hausman eine Mail geschickt, in welcher sie das außerordentliche Interesse der Medien für unseren Artikel schildert; ich wiedergebe diese hier im Original:

 

<<Dear Dr. Patrut,

 

Hope this finds you well.

I wanted to send you an email regarding the fantastic media coverage of your baobab paper. 

Your research was the subject of 1058 articles, with stories from BBC, CNN, Guardian, the Times, Independent, Daily Mail, AFP, Deutsche Welle, USA Today, Washington Post, Los Angeles Times, the Atlantic, Newsweek,  New Scientist, Science, National Geographic, IFL Science, Mashable, Boing Boing, Earther, Business Insider, among others.

Coverage also appeared in New York Times online and in today’s print NYT Science Times section.

 

All the best,

Sarah Hausman

Communications and Press Officer, Nature Research

Springer Nature>>

 

Gegenwärtig, am 22. Juli, hat unser Artikel eine altmetrische Quote, welche das öffentliche Interesse und die Wahrnehmung ermittelt, von 2269. Durch diese hohe Zahl belegt unser Artikel den ersten Platz von allen 705 Artikeln die in „Nature Plants“ veröffentlicht wurden und den 18. Platz von 211.001 Artikeln die in den erhobenen wichtigeren wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert wurden.

 

Diese Nachrichten haben mich erfreut, zuerst weil in allen 2269 Erwähnungen des Artikels bei den wichtigeren Presseagenturen, Tageszeitungen, TV-Sendern usw. von allen 5 Kontinenten, die BBU und Rumänien erwähnt werden. Andererseits ist dies eine Belohnung für die Bemühungen des Forschungsteams, welches häufig Untersuchungen auf eigene Faust unter sehr schwierigen Bedingungen, in entlegenen Gegenden unternommen hat.

 

Frage Daniel David:  Welche sind Ihre akademischen Zukunftspläne?

 

Im September wird ein Forschungsteam nach Indien fahren, um einige monumentale Bäume – unter welchen auch zwei für heilig betrachtete Baobabs und einen Banian – mit Radiokarbon zu datieren. Diese Aktion findet in Zusammenarbeit mit der indischen nationalen Agentur für Biodiversität statt. Darauf folgt gleich eine Forschung auf Madagaskar, um Proben zu sammeln, eischließlich aus dem weltweit zweitgrößten Didier-Baobab, von welchem wir vor einige Tage erfahren haben dass es umgestürzt sei. Gleichzeitig werden wir die Erforschung einiger außerordentlicher Bäume, einschließlich in Rumänien, fortsetzen.

 

Nächstes Jahr werden wir versuchen, unsere Forschungen zu den drei Spezies der Riesenbaobabs aus Madagaskar auszudehnen, bzw. auf den australischen Baobab. Wir werden die zweite Komponente des Projekts betonen, nämlich die klimatischen Studien. So ermöglicht die Radiokarbon-Datierung mehrerer Segmente aus den von monumentalen Angiospermen-Bäumen entnommenen Proben die Festlegung einer Alterskarte im Inneren deren Stämme. Später werden mehrere Segmente der Proben mit einem bereits festgelegten Alter durch die Analyse der stabilen (hauptsächlich Kohlenstoff- und Sauerstoff-)Isotopen untersucht. Die so gewonnenen Informationen können wichtige Daten zu den Klimaveränderungen der letzten 1.000-1.500 Jahre liefern. Dies ist sehr wichtig vor allem für die Regionen Afrikas wo wegen Mangels nativer Gymnospermen, die Informationen und Untersuchungen zu den klimatischen Veränderungen spärlich sind.

 

Frage Daniel David: Warum BBU?

 

Ich habe meine Kindheit auf den Gängen, in den Büros und Sälen der BBU verbracht und häufig meine Eltern, die Professoren waren,hier begleitet. Außerdem waren viele meiner Verwandten an der BBU, hauptsächlich an der Philologie tätig. Ich bin fast ausschließlich im universitären Milieu großgeworden, aus welchem hervorragende Persönlichkeiten der BBU nicht gefehlt haben. Meine Eltern haben sich nie vorgestellt dass ich nicht einer universitären Karriere nachgehe. So war meine Option für die BBU eine natürliche auch wenn meine Option für Chemie eine Wahl des letzten Moments war. Mein Vater wünschte sich immer dass ich Universitätsprofessor werde, was in seiner traditionellen Auffassung den Höhepunkt der persönlichen Erfüllung darstellte. Ich bin froh dass ich diesen Wunsch von ihm erfüllen konnte. Eigentlich betrachtete ich immer die BBU als mein zweites Zuhause.

 

Frage Daniel David: Haben Sie eine Botschaft an die Gemeinschaft der BBU?.

 

Die BBU ist etwas anderes als die akademische Gemeinschaft die ich vor langer Zeit kennengelernt habe. Der traditionelle Professor der damaligen Zeit war ein enzyklopädischer Geist, ein Lehrer und Gelehrter welcher über seinen eigenen Elfenbeinturm verfügte. Dieser war ausschließlich seinem Arbeitsplatz treu, seinen Kollegen, Studierenden und Doktorand/innen, denen er nicht nur allgemeine und spezifische Kenntisse vermitteln wollte sondern auch die wirklichen aufklärerischen Werte des modernen Menschen.

Heute leben wir in einer postmodernen, postindustriellen und eklektischen Welt, in einem fortgeschrittenen Globalisierungsprozess. Die BBU hat sich gewandelt und den neuen Zeiten und Wettläufen angepasst. Die Professoren sind in internationalen Austauschprogrammen tätig, sind eingeladen um an Universitäten in fortgeschrittenen Ländern zu lehren und beteiligen sich an multinationalen Forschungsprojekten. Bachelor-, Masterstudierende und Doktorand/innen der BBU nehmen auch an diversen europäischen Programmen teil, in welchen sie Lehr- und Forschungsaufenthalte an berühmten Universitäten absolvieren, beteiligen sich aktiv an internationalen Tagungen und Konferenzen und knüpfen aktive Kontakte zu Wissenschaftler/innen aus verschiedenen Ländern. Dieser Austausch zwischen Lehrenden, Bachelor- und Masterstudierenden, Doktorand/innen sind gegenseitig und Vertreter/innen der akademischen Gemeinschaften aus mehreren Ländern besuchen die BBU, machen hier Lehr- und Forschungsaufenthalte und halten Vorlesungen als Gastprofessoren. Somit ist die BBU nicht mehr das damalige romantische Häuschen aus der Burg sondern ein starkes internationales Zentrum der Lehre und Forschung, Teil eines globalisierten Netzwerks.

Gleichweise will ich auch einige persönliche Bemerkungen über die akademische Gemeinschaft der BBU, wo die größte Konzentration an Eliten und geistige Werte vorhanden ist,und über Rumänien im Allgemeinen machen

In erster Reihe hat die Stellung, die Rolle und Wichtigkeit des Lehrenden, und hauptsächlich des Universitätsprofessors in der Gesellschaft dramatisch abgenommen. Die eher bescheidene Entlohnung und die geringen Pensionen der Professoren sind nur eines der Argumente in dieser Richtung. Paradoxerweise sind, nach 30 Jahren Erfahrung in der Demokratie, die Gewaltinstitutionen des Staates viel beliebter, was häufig mit der Zustimmung der Gebildeten und mit der Unterstützung der jungen Generation geschieht.

Zweitens, obwohl das Bildungswesen zum prioritären Bereich erklärt wurde, ist die Förderung desselben, zusammen mit der Forschung, sehr weit vom Ziel der vom Gesetz festgelegten 6% bzw. 1% des Bruttoinlandsprodukts entfernt. Unter diesen Bedingungen ist es schwierig, in einer langen Zeitperspektive ein international wettbewerbsfähiges Bildungs- und Forschungswesen zu haben und wir werden so weiterhin Gehirne und Werte in den entwickelteren Ländern exportieren.

Drittens leben wir in einer durchaus pragmatischen Unterhaltungs- und Konsumgesellschaft, welche die wahren Werte mit falschen Werten und Anti-Werten ersetzt hat. Der einzig anerkannte Wert ist das Geld und das mediatisierte, und vom armen Menschen beneidete soziale Modell des reichen Menschen. Dies ist einer der Gründe der kulturellen und, vor allem, der wissenschaftlichen Mediokrität in welcher die heutige Welt verbleiben will.

Viertens sind wir beraten und gelenkt von Personen die intellektuell eher bescheiden sind, von Nicht-Werten oder Betrüger welche die wahren Werte ersetzt haben, und die Ergebnisse können nur die erwarteten sein.

Letztens, wenn ich mich Rumänien nähere, auf der Rückkehr aus meinen häufigen Reisen in der Welt, spüre ich wie der Eindruck der Feindseligkeit, der Verbissenheit und der Hoffnungslosigkeit sich breit macht. In den letzten Jahren hat sich die rumänische Gesellschaft in exzessiver Weise fragmentiert und ist feindselig geworden, hauptsächlich unter dem Einfluss äußerer und innerer manipulativer Faktoren. Im Jahr des Hundertjahresjubiläums der Großen Vereinigung müsste sich mehr Toleranz, Offenheit zum Dialog und sogar Verständnis zeigen.

In meiner Meinung müsste die Gemeinschaft der BBU und die akademische Gemeinschaft aus Rumänien mehr über diese Aspekte reflektieren, und, noch wichtiger, über ihre Rolle und wirkliche Stellung in der Gesellschaft.