Wie hat sich die rumänische Wirtschaft im Jahr 2021 entwickelt und welche sind die Ausblicke auf 2022? – eine an der BBU unternommene Studie –

Am Ende des Jahres 2021 hat die Wissenschaftliche Schule für Sozialwissenschaften an der Babeș-Bolyai-Universität (BBU) durch ein Forschungsteam der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Unternehmensführung (FSEGA) eine Studie zur Entwicklung der rumänischen Wirtschaft während des Jahres 2021 unternommen und gleichzeitig Prognosen für das Jahr 2022, einschließlich der wichtigsten Tendenzen der Wirtschaft für den nächsten Zeitabschnitt erstellt.

                  Laut den Forscher/innen der BBU war 2021 das Jahr einer sehr rapiden wirtschaftlichen Aufschwunges, der aber auch von der Zunahme des Inflationsdruckes sowohl auf interner als auch auf externer Ebene gekennzeichnet war. Nach der Schrumpfung von 3,8% im Jahr 2020 erfreute sich die Wirtschaft Rumäniens einer dynamischen Aufholung und registrierte, nach der Messung der Fachkräfte der FSEGA, eine Wachstumsrate von 6,3% bis Ende 2021. Diese Entwicklung bedeutet dass das BIP des Landes in einer relativ kurzen Zeit das Niveau vor dem Ausbruch der Pandemie erreicht hat (in ungefähr eineinhalb Jahren), während im Fall der vorigen Wirtschaftskrisen (1996-1997, 2008-2009) die Wirtschaft 5-6 Jahre für ein komplettes Aufholen gebraucht hat. In dieser günstigen Entwicklung des BIP haben die Klausenburger Forscher/innen mehrere Hauptfaktoren entdeckt:

  • Aufgrund der Unterstützungsmaßnahmen die die Behörden weltweit getroffen haben, und die für Friedenszeiten unbekannte Ausmaßen erreicht haben, erfuhren die wichtigsten Volkswirtschaften der Welt einen besonders dynamischen Aufholkurs mit positiven Auswirkungen auch auf die Volkswirtschaft Rumäniens.
  • Auf interner Ebene hat die Steuer- und Währungspolitik einen entgegenkommenden Charakter aufgewiesen (das Haushaltsdefizit ist hoch geblieben und der Leitzins bedeutend unter der Inflation geblieben und dadurch den Aufschwung der Wirtschaft gefördert).
  • Im Vergleich zur Wirtschaftskrise 2008 hat die solidere finanzielle Lage des Privatsektors (und hauptsächlich der Bevölkerung) eine bedeutende Rolle gespielt.
  • Die Kapazität der Unternehmen, sich den neuen Bedingungen anzupassen, aber auch die spezifische Struktur der rumänischen Wirtschaft (in welcher die am stärksten betroffenen Bereiche, wie der Tourismus und das Gastgewerbe einen kleinen Teil des BIP ausmachen) haben ebenso eine wichtige Rolle gespielt.

Gemäß der Studie hat die rumänische Wirtschaft in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 begonnen an Aufschwung zu verlieren, auf der Grundlage des Inflationsdrucks (mit negativen Auswirkungen auf das verfügbare Realeinkommen und folglich auf die reelle Nachfrage der Bevölkerung), der Stockungen die in mehreren Segmenten der globalen Produktions- und Lieferketten aufgetreten sind (die hauptsächlich die industrielle Produktion beeinträchtigt haben), bzw. der Verschärfung der Energiekrise und der herbstlichen Welle der Corona-Pandemie.

Die wichtigsten Phänomene in der Wirtschaft während des Jahres 2021 waren laut den Klausenburger Forscher/innen die folgenden:

  • Der Preis der Rohstoffe (speziell des Barrels Rohöl) registrierte einen sinusförmigen Verlauf: nachdem der WTI-Terminkurs inmitten der Covid-Krise für das erste Mal in der Geschichte ins Negative geschlagen hat (-37.63 Dollar pro Barrel), nahm dieser in der darauffolgenden Zeit deutlich zu und erreichte 71 Dollar pro Barrel im Dezember 2021 und überschritt somit den vor der Pandemie erreichten Kurs. Ohne Zweifel trägt die Zunahme des Rohölpreises und anderer Rohstoffe deutlich zum oben erwähnten Inflationsdruck bei.
  • Auf den Finanzmärkten: die wichtigsten Märkte der Welt haben sich nach dem Krach beim Ausbruch der Pandemie spektakulär erholt; der S&P500-Index in New York wuchs um 33% in den 22 Monaten seit dem Beginn der Pandemie, und der BET-Index der Bukarester Börse um 21,5%. Einer der wichtigsten Indikatoren der Investmentstimmung, das CAPE-Ratio des Shiller, befindet sich im Dezember 2021 für S&P500 auf einem historischen Hoch von 39,53, was laut mehreren Analysten auf eine Überhitzung des Marktes hindeutet.
  • Die Entwertung des Leu gegenüber dem Euro seit dem Beginn der Pandemie in Rumänien war von 2,9%, was eine viel günstigere Entwicklung im Vergleich zu den anderen Währungen der Region, wie der ungarische Forint oder der polnische Zloty aufzeigt (welche Entwertungen von 8,4% bzw. 7,9% für dieselbe Zeitspanne aufweisen); diese Leistung ist aber schwächer wie im Fall der tschechischen Krone, die eine Entwertung von nur 0,6% gegenüber dem Euro registriert hat.
  • Die Preise auf dem Immobilienmarkt erfuhren eine kurzzeitige Abnahme in den ersten 1-2 Monaten der Pandemie, gefolgt von einer bedeutenden Zunahme, mit bis zu 14,1% Durchschnitt auf Landesebene, 9% in Bukarest und 16,7% in Klausenburg, im Vergleich zu den Preisen vor der Pandemie.

„2022 wird ein Jahr der Herausforderungen aus der Perspektive der Aufrechterhaltung der sozio-psycho-ökonomischen Gleichgewichte sein, und deshalb wird jede defizitäre Handhabung der Pandemie direkte und unmittelbare Auswirkungen auf die Entwicklungen der Gesellschaft und der Volkswirtschaft haben”, in der Bewertung des Rektors der BBU, Univ.-Prof. Dr. Daniel David.

Der Dekan der FSEGA, Doz. dr. Răzvan V.  Mustață, fügt hinzu, dass „wir 2021 ein dynamisches Aufholen der Volkswirtschaft beobachten konnten, das 3-4 Mal kürzer dauerte als in den Fällen der bisherigen Wirtschafskrisen, erfuhr aber einen deutlichen Verlust des Aufschwungs gegen das Ende dieses Jahres. Ein wichtiger Faktor in dieser Entwicklung ist der Impuls, den die Wiedereröffnung der Volkswirtschaften auf globaler Ebene gegeben haben. Im Jahr 2022 muss eine Änderung in der Handhabung der nationalen wirtschaftlichen Lage eintreten, ohne dass dieser Faktor noch in Betracht gezogen wird. Noch mehr, ohne Konsequenz und Kohärenz in den Entscheidungen im Bereich der Volkswirtschaft werden wir es nicht schaffen, die Zunahme des privaten Konsums weiter zu stimulieren”.

Mit Bezug auf die Tendenzen des Jahres 2022 werten die Klausenburger Forscher/innen dass die anfängliche und dynamische Phase des Aufholens beendet ist und erwarten eine bedeutende Verlangsamung des Wirtschaftswachstums. So könnte sich die Geschwindigkeit des Wirtschaftswachstums, nach dem spektakulären Aufholen im Jahr 2021, deutlich verlangsamen; die Prognosen zeigen ein Wachstum von „nur” 3,7% des BIP im Jahr 2022. Diese Prognose wird hauptsächlich mit den folgenden Faktoren begründet:

  • In den meisten Ländern (einschließlich Rumäniens) hat der Wert des reellen BIP das Vorkrisenniveau (4. Quartal 2019) bereits erreicht oder überschritten; dies suggeriert dass der Impuls, der durch die Wiedereröffnung der Volkswirtschaften gegeben wurde, sich größtenteils abgeschwächt hat.
  • Nach der Umsetzung eines ultraexpansionistischen Maßnahmenkatalogs in den Jahren 2020-2021 ist vorauszusehen dass im kommenden Jahr die Orientierung der Steuer- und Währungspolitik auf interner und externer Ebene weniger entgegenkommend ausfallen wird. In diesem Kontext erwarten wir inklusive eine graduelle Normalisierung der externen Nachfrage.
  • Die plötzliche Zunahme der Verbraucherpreise wird eine negative Auswirkung auf das verfügbare Realeinkommen der Bevölkerung – hauptsächlich in der ersten Hälfte des Jahres 2022 – bewirken und den Rhythmus des Wachstums des Privatkonsums beschränken.
  • Es ist am wahrscheinlichsten, dass die Abmilderung der Stockungen in den globalen Herstellungs- und Lieferketten sowie der Energiekrise ein relativ lang andauernder Vorgang sein wird, mit einer beschränkenden Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum.
  • Noch mehr muss man beifügen, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist und folglich die sanitäre Lage auch 2022 relativ schwierig bleiben wird (vor allem im Kontext des Auftretens neuer Mutationen des SARS-CoV-2-Virus).
  • Als Basisszenario erwarten wir dass die oben erwähnten Faktoren die Wachstumstendenz der hiesigen Volkswirtschaft deutlich einschränken – aber nicht umkehren -wird, vor Allem in dem Kontext, in welchem ein relativ rasches Aufholen auf dem Arbeitsmarkt festzustellen ist, und die EU-Fonds die Rumänien durch den Wiederaufbaufonds PNRR zugeordnet wurden, durch ihre Natur die Inlandsnachfrage während des nächsten Jahres steigern werden.

Was die Entwicklung der Verbraucherpreise anbelangt, erwarten die Forscher/innen der BBU dass die jährliche Inflationsrate ihren Höhepunkt im 2. Quartal des nächsten Jahres erreicht, und sich später graduell im Einklang mit der Stabilisierung der Energiepreise und der Abschwächung der Stockungen in den Herstellungs- und Lieferketten sowie im Kontext der Normalisierung der Währungspolitik dämpfen wird.

Die wichtigsten drei Risikofaktoren die 2022 zu verfolgen wären sind laut derselben Studie:

  • Der sowohl global als auch intern auftretende und nachhaltiger als prognostiziert wirkende Inflationsdruck: die Inflationsschocks (einschließlich derer vonseiten des Energiemarktes und der globalen Produktionsketten) könnte eine raschere Stärkung der Währungspolitik, mit ungünstiger Auswirkung auf das Wirtschaftswachstum und auf die finanziellen Bedingungen bewirken.
  • Das eventuelle Auftreten neuer, aggressiverer Varianten des SARS-CoV-2-Virus.
  • Die spezifischen Vulnerabilitäten Rumäniens: ein relativ hohes Handelsdefizit und das strukturelle Haushaltsdefizit.

Die Studie wurde im Rahmen des Forschungsprojekts COVID-19: Romanian Economic Impact Monitor erstellt, ein Projekt das die Echtzeitverfolgung der Volkswirtschaft im Kontext der Pandemie bzw. der wirtschaftlichen Lage des Landes als Ziel hat, und welches gleichzeitig kurz- und mittelfristige Prognosen zur Pandemie und zur wirtschaftlichen Leistung Rumäniens liefert. Die täglich aktualisierten und kompletten Ergebnisse des Forschungsprojekts können auf der Online-Plattform COVID-19 RoEIM eingesehen werden (econ.ubbcluj.ro/coronavirus), und die detaillierteren Analysen werden laufend auf der Facebook-Seite des Projekts veröffentlicht (www.facebook.com/covid19.roeim).